Der Widersacher by Connelly Michael

Der Widersacher by Connelly Michael

Autor:Connelly, Michael [Connelly, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-42053-9
veröffentlicht: 2014-02-04T05:00:00+00:00


23

Sie kamen eine halbe Stunde früher als geplant in das Restaurant und bekamen im hinteren Teil einen ruhigen Tisch neben einem Kamin. Sie bestellten Pasta und einen Chianti, den Hannah ausgesucht hatte. Das Essen war gut, und sie redeten nicht viel – bis Stone Bosch ganz direkt darauf ansprach.

»Harry, warum hast du Clayton heute im Auto nicht getröstet? Ich habe es gesehen. Du hast es nicht über dich gebracht, ihn anzufassen.«

Bosch nahm einen kräftigen Schluck Wein, bevor er zu einer Antwort ansetzte.

»Irgendwie dachte ich, er wollte nicht angefasst werden. Er war innerlich sehr aufgewühlt.«

Sie schüttelte den Kopf.

»Nein, Harry, ich habe es genau gesehen. Und ich möchte unbedingt wissen, warum jemand wie du kein Mitgefühl für jemand wie ihn haben kann. Das muss ich wissen, bevor ich mich … bevor sich zwischen dir und mir mehr entwickelt.«

Bosch blickte auf seinen Teller hinab. Er legte seine Gabel beiseite. Er war wie versteinert. Er hatte diese Frau erst vor zwei Tagen kennengelernt, und dennoch konnte er nicht leugnen, dass er sich stark von ihr angezogen fühlte und eine große Nähe zwischen ihnen spürte. Das wollte er nicht verspielen, aber er wusste nicht, was er sagen sollte.

»Das Leben ist zu kurz, Harry«, fuhr sie fort. »Ich kann es mir nicht leisten, noch groß Zeit zu vergeuden, und ich will mich auf keinen Fall auf jemand einlassen, der kein Verständnis für das hat, was ich tue, und kein natürliches Mitgefühl für Menschen, die Opfer sind.«

Endlich fand er die Sprache wieder.

»Ich empfinde durchaus Mitgefühl. Mein Job ist es, mich für Opfer wie Lily Price einzusetzen. Aber was ist mit Pells Opfern? Genauso, wie er selbst beschädigt worden ist, hat er andere Menschen beschädigt. Soll ich ihm da etwa auf die Schulter klopfen und sagen, alles nur halb so wild, es wird schon wieder gut? Es ist nämlich nicht gut und wird auch nie wieder gut werden. Und das weiß er ganz genau.«

Er breitete die Handflächen aus, als wollte er sagen: So sehe ich die Sache nun mal.

»Glaubst du, es gibt so etwas wie das Böse, Harry?«

»Natürlich. Ich wäre arbeitslos, wenn es das Böse nicht gäbe.«

»Und woher kommt es?«

»Was heißt, woher kommt es?«

»Na, in deinem Job hast du doch fast täglich mit dem Bösen zu tun. Woher kommt es? Wie werden Menschen böse? Liegt es einfach in der Luft? Fängt man es sich, wie man sich eine Erkältung holt?«

»Quatsch. So einfach ist es nun wirklich nicht. Das weißt du ganz genau.«

»Deswegen brauchst du doch nicht gleich sauer zu werden. Ich versuche nur, herauszufinden, wie du tickst, damit ich eine Entscheidung treffen kann. Ich mag dich, Harry. Sehr sogar. Alles, was ich bisher von dir mitbekommen habe, gefällt mir. Bis auf das, was du da heute im Auto getan hast. Ich will mich nicht auf dich einlassen, bloß um hinterher herauszufinden, dass ich mich in dir getäuscht habe.«

»Ist das hier jetzt ein Einstellungsgespräch oder was?«

»Nein. Ich versuche bloß, dich kennenzulernen.«

»Das schmeckt mir ein bisschen zu sehr nach diesen Speed-Datings, die gerade Mode sind. Wo man schon alles über den anderen wissen will, bevor überhaupt irgendwas passiert.



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